SIEDLUNG "Eigene Scholle"

 

 

Die Entscheidung, die Siedlung unter Denkmalschutz zu stellen, bezog sich wesentlich auf die Entstehungszeit und –geschichte der Siedlung. Erstmals wurde  mit der Siedlung „Eigene Scholle“ in Wiesbaden ein Bauprojekt zugunsten von Bevölkerungsgruppen, die nur über geringere Einkommen  und Vermögen verfügten, genehmigt und realisiert.

Die wirtschaftliche Siuation im Deutschen Reich war 1925, nach dem Krieg von 1914 – 1918 sehr schwierig, gleichzeitig wuchs der Bedarf an Wohnungen in ganz  Deutschland. In vielen Städten des Reichs gab es daher Projekte zur Errichtung  preiswerter Wohnungen. Bekannte Beispiele sind die von Walter Gropius entworfene Siedlung Törten in Dessau  oder die Industrie-und Gartenstadt Leuna. Törten war in der Architektur fortschrittlich orientiert und setzte wesentlich auf industrielle Bauweise, um die Häuser für viele Menschen erschwinglich zu machen.  In England wurden die Gartenstädte mit vergleichbaren Zielsetzungen von Genossenschaften errichtet. Die Häuser blieben in genossenschaftlichem Eigentum, die Bewohner waren Mieter.

Die Siedlung „EIGENE SCHOLLE“ wurde durch eine vom Architekten Werz initiierte  Genossenschaft realisiert, die Häuser selbst wurden aber zum Verkauf an die Genossen erbaut. Im genossenschaftlichen Besitz blieben z.B. die Wirtschaftswege hinter den Häusern in der Lahnstr., (erster Bauabschnitt). Diese Flächen wurden 1932, nach der Insolvenz der Genossenschaft, der Stadt übertragen oder den Anliegern des Wirtschaftsweges  kostenfrei, weil beim Kauf mitbezahlt, zurück übertragen.

Wichtig bei der Planung der Reisbrei-Siedlung war, daß durch große Gärten die Eigenversorgung der Bewohner ermöglicht wurde, daher auch die Wirtschaftswege hinter den Grundstücken. Heute sind die großen Grundstücke ein besonderer Attraktivitätsfaktor der Siedlung, auch da sie wegen des Denkmalschutzes nicht zusätzlich bebaut werden dürfen und somit eine extreme Verdichtung wie z.B. in Wiesbaden-Ost nicht stattfinden kann.

Die ersten Käufer der Häuser, die für jeweils eine Familie bestimmt waren, gehörten eher der MIttelschicht an, da die Finanzierung einen relativ hohen Eigenanteil voraussetzte. Es waren mehrheitlich mittlere Beamte, Lehrer, Techniker, Selbständige und Angestellte. Es war eine Gruppe von Personen, der man heute das Etikett „bildungsnah“ geben würde. Trotzdem dürfte die finanzielle Situation der Siedler generell schwierig gewesen sein. Die Zahlungsunfähigkeit eines Käufers zeigte sich schon kurz nach der Fertigstellung der Häuser. Der Name „Reisbrei-Siedlung“ hat also einen realen Hintergrund, ebenso wirklichkeitsnah und ehrenwert wie eine „Känguru – Siedlung“ im  Ruhrgebiet („große Sprünge, nichts im Beutel“). Beide Begriffe weisen darauf hin, daß  Bauherren mit einem Hausbau normalerweise die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit erreichen.

Im folgenden werden Dokumente wiedergegeben, die die Siedlung beschreiben oder aus der Anfangszeit der Siedlung stammen.

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